Mit Dankbarkeit durchs Ziel

Sophia Junk über Dankbarkeit in ihrem Training, Wettkampf und Leben

Sophia Junk gewann bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris Olympia-Bronze mit der 4x100 Meter Staffel. Foto: privat.

Sport ist mehr als Training, Wettkampf und Medaillen. Sport ist Leidenschaft, Gemeinschaft – und auch ein Geschenk. Genau darum geht es beim ersten Gebot unserer Zehn Gebote des Sports:

„Ehre Gott. Sei dankbar für deine sportlichen Talente und nutze sie.“

Dankbarkeit ist keine Selbstverständlichkeit – sie ist eine Haltung. Sie hilft, Erfolge bewusst wahrzunehmen, Rückschläge zu überstehen und den eigenen Weg mit Freude zu gehen. Doch wie lebt man Dankbarkeit im Sportalltag? Wie kann sie sogar zur Antriebskraft werden?

Wir haben mit der Sprinterin der LG Rhein-Wied und Olympia-Medaillengewinnerin Sophia Junk gesprochen, die als Profisportlerin Höhen und Tiefen kennt. Sie erzählt, warum Dankbarkeit für sie weit über den Sport hinausgeht, wie sie ihr hilft, mit Verletzungen und Niederlagen umzugehen, und warum ein kleines Ritual ihr hilft, auch an schwierigen Tagen das Positive zu sehen.

 

Sophia, was bedeutet Dankbarkeit für dich persönlich – im Sport und darüber hinaus?

Dankbarkeit zählt zu den Werten, die für mich eine besondere Rolle spielen und große Bedeutung haben. Ich möchte „Dankbarkeit“ niemals ablegen oder gar verlieren, da sie für mich eine Form der Wertschätzung darstellt – gegenüber den Dingen, die man im Leben hat, wie Gesundheit oder Freiheit, was leider nicht für alle Menschen selbstverständlich ist. Aber auch gegenüber Dingen wie Talent und dem daraus resultierenden Erfolg.

 

Gibt es besondere Momente in deiner Karriere, in denen du besonders dankbar warst?

Ich bin grundsätzlich jeden Tag dankbar, dass es mir gut geht und ich ein so privilegiertes Leben als Profisportlerin führen darf. Es gibt viele Momente in meiner bisherigen sportlichen Karriere, für die ich unendlich dankbar sein kann.

Spontan fällt mir ein besonderer Moment ein: Ich bin dankbar, dass mein Kopf und Körper im Jahr 2024 zum richtigen Zeitpunkt fit waren und ich so die Qualifikation für die Olympischen Spiele erreichen konnte. 2022 und 2023 war ich mehrfach verletzt und musste immer wieder von vorne anfangen. Das ist nicht nur mental, sondern auch körperlich eine enorme Herausforderung. Zwischenzeitlich schien der Weg nach Paris – zu meinen ersten Olympischen Spielen – nahezu unmöglich. Umso dankbarer bin ich, dass ich am Ende doch auf der Bahn stand und sogar mit einer Olympischen Medaille nach Hause fahren durfte.

 

Wie hilft dir Dankbarkeit im Umgang mit Herausforderungen, Verletzungen oder Niederlagen?

Dankbarkeit ist für mich nicht nur ein Wert, den man im persönlichen Wertekompass trägt – sie ist auch ein Gefühl, das in schwierigen Zeiten Kraft gibt.

Gerade an persönlichen Tiefpunkten hilft mir die Reflexion über meinen Weg. Dabei finde ich immer Momente und Dinge, für die ich dankbar sein kann. Das löst ein positives Gefühl aus und gibt mir die Energie, die ich brauche, um Herausforderungen zu bewältigen. Diesen „Schwung“ und diese Positivität nehme ich mit und versuche, mich durch schwierige Zeiten hindurchzutragen.

 

Für welche Menschen in deinem sportlichen Umfeld bist du besonders dankbar?

Da fällt mir natürlich sofort meine Familie ein. Als Kind ist man auf die Unterstützung der Eltern angewiesen – ohne ihre Hilfe wäre ich heute nicht an diesem Punkt.

Aber auch meinen Trainern bin ich unendlich dankbar. Sie haben mich nicht nur sportlich gefördert, sondern mich zu der Athletin gemacht, die ich heute bin. Ihr Engagement und ihre Unterstützung haben maßgeblich zu meinem bisherigen Erfolg beigetragen.

Ebenso bin ich dankbar für alle Freundinnen und Wegbegleiter*innen, die an mich glauben und mir den Rücken stärken – besonders in schwierigen Phasen.

Nicht zuletzt gilt meine Dankbarkeit auch meinen Sponsoren: Ohne ihre Förderung wäre es nicht möglich, meinen Sport mit so viel Freiheit und Professionalität auszuüben.

 

Wie drückst du deine Dankbarkeit im Trainingsalltag oder im Wettkampf aus?

Ich bin grundsätzlich dankbar dafür, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte. Das bedeutet für mich, dass ich jeden Tag genau das tun darf, was ich liebe – mit Leichtigkeit und Freude.

 

Gab es eine Situation, in der dich Dankbarkeit besonders motiviert hat, weiterzumachen?

Ich war als Kind in einem kleinen Verein in meiner Heimatstadt Konz. Mein Trainer hatte nach mehreren Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit einen schweren Unfall und war von da an querschnittsgelähmt. Ich war damals 14 Jahre alt und wollte mit der Leichtathletik aufhören, weil die Trainingsmöglichkeiten in meiner Heimatstadt eingeschränkt waren. Doch es gab einige großartige Menschen, die mich aufgefangen und mir neue Wege aufgezeigt haben.

Dank dieser Unterstützung habe ich nicht aufgehört – sondern erst richtig angefangen.

 

Welche Werte möchtest du jungen Sportler*innen mitgeben, wenn es um Dankbarkeit im Sport geht?

Ich finde es wichtig, junge Menschen für Themen wie Dankbarkeit und Selbstreflexion zu sensibilisieren.

Gerade im heutigen, schnelllebigen Alltag bleibt oft wenig Raum, um die kleinen Dinge wertzuschätzen. Der Fokus liegt oft nur auf Leistung und Fortschritt. Aber es lohnt sich, innezuhalten und sich bewusst zu machen, welche Möglichkeiten und Privilegien wir haben. Dieses Gefühl zu speichern, kann in schwierigen Zeiten Kraft geben – es hilft, dranzubleiben und den eigenen Weg weiterzugehen.

 

Hast du ein persönliches Ritual oder eine Gewohnheit, um dir Dankbarkeit bewusst zu machen?

Ich schreibe meine Erwartungen vor jedem Wettkampf in ein Buch – und nach dem Wettkampf reflektiere ich meine Leistung. Egal, wie der Wettkampf ausgegangen ist: Ich finde immer mindestens eine Sache, für die ich dankbar sein kann.

Probiert es aus! Das geht auch ohne Wettkampf – im Alltag gibt es immer Dinge, für die man dankbar sein kann.

 

Das Interview führte Marco Petrelli