Nachruf Ludwig Grau (29.5.39 - 30.10.24)

Von Uli Krauß

Ludwig kam aus einer Sportfamilie, genauer gesagt aus der Grau'schen Faustballdynastie. Sein Vater war Trainer beim DJK-Sportbund Augsburg. Er formte seine Söhne Wolfgang und Ludwig zu hochklassigen Spielern und coachte das Team auf vielen Spieltagen im Bundesgebiet. Was das an hartem Training und Verzicht bedeutete, kann mit Sicherheit Ludwigs Frau Erika nachvollziehen. Sie war selbst eine begnadete Faustballerin und als Mutter von den familiären Auswirkungen dieser Entscheidung betroffen.

Dieser Fleiß und Ehrgeiz, gepaart mit einem verbindenden und verbindlichen Charakter, blieb auch dem damaligen Geistlichen Beirat des DJK-Diözesanverbandes und Stadtpfarrer von Don Bosco, Pater Martin Söll, nicht verborgen. Dieser hatte als ehemaliger DJK-Bundespräses das Ziel, eine hauptberuflich besetzte Geschäftsstelle für seine DJK zu schaffen, die 1970 zu einem gemeinsamen Verband für Männer und Frauen zusammengeführt worden war. Pater Martin warb 1972 den gelernten Chemie-Ingenieur Ludwig Grau als Diözesan-Sportreferenten und seine Frau Erika als Sekretärin. Dass dieses Team schon als Eltern paritätisch und produktiv funktionierte, davon zeugten die zwei wohlgeratenen und später erfolgreichen Söhne Michael und Peter.

Ludwig Grau betrat in der DJK also Neuland. Weder war er fachlich vorqualifiziert durch eine Managerausbildung oder ähnliches, noch gab es bundesweit Kollegen, die ihn hätten begleiten oder einarbeiten können – ein Pionier der hauptberuflichen Begleitung von DJK-Vereinen. Er qualifizierte sich zumindest theologisch in einem Fernkurs und vertraute ansonsten auf seine Talente: auf Menschen zugehen, ihnen Vertrauen entgegenbringen und sie begeistern, mit großer Energie Projekte anstoßen und sie bis ins Detail auf Checklisten planen, wichtige Kontakte schaffen und pflegen, Freundschaften schließen (wenn es sein musste auch durch eine lange Schafkopfnacht).

Ludwig hatte sehr viele Freunde, die mit ihm zusammen der DJK ein Profil gaben, ja sogar mit ihm durch ganz Europa reisten. Die Augsburger DJK-Familie hatte in ihm ihren Vater, auch wenn andere das Amt des Vorsitzenden ausfüllten. Er organisierte, motivierte, ging stets voran und oft als letzter ins Bett: ein erfülltes, aber auch anstrengendes Berufsleben – sicher auch, weil er es als seine Berufung verstand.

Und seine Familie spielte mit, was ihm einen großen Spagat ersparte. Erika war seine rechte Hand und oft ein wichtiges Korrektiv für diesen leidenschaftlichen Perfektionisten, mit dem es sicher nicht immer leicht war. Seine Söhne wuchsen in der DJK auf und übernahmen wie selbstverständlich nicht nur die Faustballschuhe, sondern auch Verantwortung in der Jugendarbeit und im Erwachsenenverband.

Ludwigs Highlights waren bemerkenswert: Zum Jahr des Menschen mit Behinderung schuf er 1980 zusammen mit der Caritas das große Behinderten-Sportfest im Augsburger Rosenaustadion, das fast 20 Jahre lang als herausragendes Beispiel für inklusive Arbeit ausstrahlen durfte und als Ergebnis auch die Installation von Sportbeauftragten in den Einrichtungen nach sich zog. 1990 gelang ihm die Schaffung einer weiteren, vierten Personalstelle. Er holte mich als Bildungsreferenten ins familiäre Team, das schon 1974 mit Anni Haugg als Referentin ergänzt worden war. Für den Bereich Kirche und Sport gelang es ihm 1999 im Hinblick auf seine bevorstehende Berentung sogar noch, eine zusätzliche halbe Stelle zu schaffen.

Man darf schon sagen: Er hat die DJK groß gemacht. Sicher waren die Zeiten vor der Jahrtausendwende auch besser und weniger von Schwund und Kürzungen betroffen als die 2000er Jahre. Aber er war eben auch ein akribischer, ausdauernder und liebenswürdiger Arbeiter „im Weinberg des Herrn“. Und so konnte er auch viel Ernte einfahren. Oder um ein anderes Gleichnis zu bemühen: Ludwig hat seine Talente nicht vergraben, sondern mit ihnen gewuchert und so der DJK einen enormen Gewinn und Zuwachs beschert, von dem wir heute noch zehren.

Ich – und da geht es sicher vielen DJK'lern ähnlich – habe Ludwig Grau viel zu verdanken: ob auf Vereins-, Diözesan-, Landes- oder Bundesebene, Ludwig war ein wichtiger Gestalter und Baumeister unserer DJK. Und nicht nur für mich war er in erster Linie ein Freund. Unser aller Mitgefühl und ein herzlicher Dank geht an seine Familie, die ihm stets Rückhalt und Kompass war und ohne die er nicht diese Lebensleistung hätte entfalten können.